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Geographisches Institut

Graslandgemeinschaften sind nach langer Trockenheit resistenter für spätere Dürren

Artenreiche Pflanzengemeinschaften lernen generationenübergreifend, sich gegenseitig gegen Trockenstress zu wappnen. Dies zeigt eine internationale Studie unter der Leitung des Geographischen Instituts.

Grassland Communities
Extreme Klimaereignisse führen nicht unbedingt zur vollständigen Ausrottung von Arten. Sie können die Nachhaltigkeit der Artenvielfalt verbessern. (Bild: Istock.com/LucynaKoch)

Trockenstresserfahrungen von Pflanzengemeinschaften im artenreichen Grünland erhöhen die Trockenresistenz der Folgegenerationen. Diesen generationenübergreifenden Effekt hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Universität Zürich an rund 1000 experimentellen Pflanzengemeinschaften in Töpfen nachgewiesen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass extreme Klimaereignisse, wenn sie Arten nicht vollständig verdrängen, die Beständigkeit der biologischen Vielfalt und das Funktionieren von Ökosystemen in einer Zukunft mit häufigeren Extremereignissen verbessern könnten.

Starker Trockenstress über Jahre

In einem grossen Freilandversuch haben Forschende unter der Leitung der Universität Zürich mit Beteiligung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig Mischungen von Wiesenpflanzen in Jena über acht Jahre hinweg im Sommer des natürlichen Niederschlages entzogen und so starkem Trockenstress ausgesetzt. Die aus Samen gezogenen Nachkommen dieser Pflanzen überstanden einen erneuten Trockenstress besser als die Kontrollgruppe, deren Vorfahren keinem Trockenstress ausgesetzt waren. Allerdings wurde dieser Effekt nur dann erzielt, wenn die Arten wiederum in Mischungen und nicht in Monokultur wuchsen.

Evolutive Veränderungen zur verbesserten Resilienz

Diese Resultate, die bei mehr als zehn Arten im Vergleich zwischen Monokulturen und Zweiartenmischungen im Gewächshaus gefunden wurden, deuten darauf hin, dass Arten in Mischungen unter Trockenstress evolutive Veränderungen durchmachen, die zu einer verbesserten Resilienz der Mischungen gegenüber zukünftigem Trockenstress führen. Da klimatische Extremereignisse in Zukunft häufiger zu erwarten sind, kommt der Resilienz von Ökosystemen mit hoher Biodiversität eine besonders grosse Bedeutung zu. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass diese Effekte noch verstärkt werden, wenn sich Pflanzengemeinschaften mit hoher Biodiversität über längere Zeit entwickeln können und so evolutive Kräfte positive Biodiversitätseffekte noch verstärken.

«Diese Ergebnisse zeigen nichts anderes, als dass Evolution nicht nur die Arten selbst, sondern auch deren Wechselwirkungen so verändern kann, dass sie sich gegenseitig besser ergänzen und somit nach einem Extremereignis als Gemeinschaft schneller wieder weiterwachsen können», sagt Letztautor und Projektleiter Prof. Bernhard Schmid von der Universität Zürich.

Prof. Nico Eisenhauer von der Universität Leipzig, ein weiterer Mitverfasser, ergänzt: «Die Studie macht auch deutlich, dass wir Biodiversität nicht nur aufgrund der direkten positiven Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit von Ökosystemen schützen sollten, sondern auch, um dieses Anpassungspotenzial an die sich ändernden globalen Umweltbedingungen, insbesondere häufigere klimatische Extremereignisse, zu erhalten.»

Hohes Anpassungspotenzial an ändernde Umweltbedingungen

Das Forschungsteam untersuchte auch die möglichen Prozesse, mit denen Pflanzen in Mischungen sich an den jährlich wiederkehrenden Trockenstress anpassen konnten und sich damit auch besser nach zukünftigen Trockenperioden erholen. Die Nachkommen von Pflanzen, die Trockenstress in ihrer Geschichte bereits erfahren hatten, verhielten sich in Mischungen während der Erholungsphase nach dem neuerlichen Trockenstress komplementärer als Nachkommen ohne diese Erfahrung, die wesentlich stärker konkurrierten.

«Komplementarität bedeutet, dass Individuen innerhalb derselben Art stärker konkurrieren als zwischen verschiedenen Arten. Dies ist ein wichtiger Mechanismus, der die Koexistenz zwischen Arten fördert und damit die Biodiversität erhält und die Resilienz des Ökosystems gegenüber klimatischen Extremereignissen erhöht», sagt Dr. Yuxin Chen, der Hauptautor der Publikation, der inzwischen Professor an der Xiamen Universität in China ist. «Evolution von Komplementarität zwischen Arten kann es gemischten Pflanzengemeinschaften ermöglichen, ihre Biodiversität und Ökosystemleistungen unter zukünftigen Bedingungen mit häufiger auftretenden klimatischen Extremereignissen aufrecht zu erhalten.»

Literatur:

Yuxin Chen, Anja Vogel, Cameron Wagg, Tianyang Xu, Maitane Iturrate-Garcia, Michael Scherer-Lorenzen, Alexandra Weigelt, Nico Eisenhauer, Bernhard Schmid. Drought-exposure history increases complementarity between plant species in response to a subsequent drought. June 9, 2022. Nature Communications. Doi: 10.1038/s41467-022-30954-9

Medienmitteilung, Universität Zürich

Weiterführende Informationen

Kontakt

Prof. Dr. Bernhard Schmid

Geographisches Institut

Universität Zürich

Tel: +41 44 63 55205

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UZH Medienmitteilung

Universität Zürich, 9. Juni 2022