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Theorie, Hypothese und Operationalisierung

Theorie, Hypothese und Operationalisierung

Ansatz, Theorie, Modell

Zuerst muss der allgemeine Wissensstand («Stand der Forschung» oder «state of the art») zu einem Problembereich ermittelt werden. Bestehen bereits Erklärungsversuche (Modelle, Theorien, Ansätze, Debatten) zum Thema? Oftmals werden in einer Arbeit bereits bestehende Theorien herangezogen, anhand derer dann ein bestimmtes Problem diskutiert oder betrachtet werden soll.

Mit der Wahl eines Ansatzes zur Erklärung einer komplexen Wirklichkeit werden immer bestimmte Gesichtspunkte des Problembereichs stärker hervorgehoben als andere. Die Wahl des Ansatzes wird begründet, indem abgewogen wird, welche Fragen damit beantwortet werden können und welche nicht. Hat man einen Ansatz gewählt, ist es wichtig, die damit verbundenen Methoden stringent anzuwenden.

Beispiele für Erklärungsansätze: «Bildung ist eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung einer Gesellschaft» und «Einkommen aus dem Tourismus tragen zur Entwicklung einer Nationalökonomie bei.»

Hypothese(n) und Vorannahmen

Die Hypothese bezeichnet eine Annahme, mit der die Wirklichkeit erklärt werden könnte oder mit anderen Worten, wie die Antwort auf die Fragestellung heissen könnte. Diese Annahme beruht auf dem bisherigen Stand der Forschung und gibt darum eine theoretisch mögliche Antwort («Lösungsvorschlag») auf die Fragestellung oder einen Teilbereich derselben. Bei einer komplexen Thematik werden manchmal zur einfacheren Bearbeitung aus wenigen Haupthypothesen eine Anzahl von untergeordneten Arbeitshypothesen abgeleitet.

Beispiel für eine Hypothese: «Der Tourismus bietet Kindern Einkommensmöglichkeiten, die sie vom Schulbesuch abhalten» oder «Je mehr TouristInnen an einen Ort kommen, desto weniger gehen die Kinder dort zur Schule.»

Nicht alle Forschungen werden mit hypothesenprüfenden Verfahren durchgeführt. In der Sozialforschung gibt es beispielsweise auch rekonstruktive bzw. interpretative Verfahren. Dabei wird versucht, die Handlungsweisen von Personen zu erklären und nachzuvollziehen, indem man zunächst von ihrer Interpretation der Fragestellung ausgeht (Bohnsack 2000: 12–13). Doch auch hier geht man (meistens) von Thesen oder Vorannahmen aus. Es geht jedoch nicht darum, diese Annahmen am Schluss zu bestätigen oder zu verwerfen. Vielmehr sucht man nach plausiblen und nachvollziehbaren Erklärungen für diese Vorannahmen.

Beispiel für eine Vorannahme: «Eltern in Entwicklungsländern stehen der Arbeit ihrer Kinder im Tourismus skeptisch gegenüber.»

Doch auch hier geht man (meistens) von Thesen oder Vorannahmen aus. Es geht jedoch nicht darum, diese Annahmen am Schluss zu bestätigen oder zu verwerfen. Vielmehr sucht man nach plausiblen und nachvollziehbaren Erklärungen für diese Vorannahmen.

Beispiel für eine Erklärung: «Die Skepsis der Eltern wird weniger damit begründet, dass die Kinder nichts lernen, als mit dem Statusverlust der Eltern, die weit weniger verdienen als ihre Kinder.»

Operationalisierung

Die für die wissenschaftliche Forschung verwendeten Begriffe (d.h. meistens die zentralen Begriffe der Hypothesen) müssen operationalisiert werden. Um die Nachvollziehbarkeit des Forschungsverfahrens zu gewährleisten, wird definiert, welche Daten mit welchen Verfahren zur Bestimmung eines Begriffs erhoben werden. Das heisst, es werden Forschungsoperationen angegeben, die das Erfassen eines Gegenstandes ermöglichen (Bopp 2000: 21). Der operationalisierte Begriff wird auf diese Weise «handhabbar» gemacht, indem festgelegt wird, was im Rahmen eines Forschungsprozesses genau darunter zu verstehen ist.

Beispiel für eine Operationalisierung: «Tourismusdestinationen sind Gebiete, in denen Schulabsenzen von Kindern häufiger als in anderen Gebieten.»