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Themenwahl, Problem- und Fragestellung

Themenwahl, Problem- und Fragestellung

Themenwahl

Bei vielen Arbeiten bestehen bei der Themenwahl grundsätzlich die beiden Möglichkeiten, sich auf ein bereits ausgeschriebenes Thema zu melden oder ein Thema frei zu wählen. Beide Wege weisen Vor- und Nachteile auf. Die Wahl eines ausgeschriebenen Themas hat den Vorteil, dass das Thema besser in die Arbeit einer Forschungsgruppe integriert und die fachliche Betreuung enger ist (Bopp et al. 2000: 57). Allerdings können eigene Ideen dann nicht immer berücksichtigt werden.

Wird selber ein Thema gewählt, ist der Raum für Kreativität und Eigenleistung relativ gross, dafür fehlen unter Umständen Ansprechpersonen, die bei Schwierigkeiten weiterhelfen können. Es empfiehlt sich insbesondere bei einer Bachelor- oder Masterarbeit, mit der man sich länger beschäftigt, ein Thema zu wählen, das auch den eigenen Interessen entspricht. Interesse ist zwar keine hinreichende Voraussetzung für eine gute Fragestellung oder Themenwahl, dafür ist die Bereitwilligkeit grösser, sich «reinzuhängen» und Ideen zu entwickeln (Bänsch 1999: 33).

Bei einem selbst gewählten Vorschlag ist der Zeitaufwand für vorhergehende Abklärungen und eventuelle Anpassungen relativ gross. Abzuklären ist, ob das gewünschte Thema in die Forschungsrichtung der Abteilung passt, der Zeitrahmen angemessen und genügend Literatur vorhanden ist.

Nicht sinnvoll ist hingegen das alleinige Auswahlkriterium «Quantität an vorhandener Literatur», da einerseits eine grosse Menge die Fokussierung auf ein bestimmtes Thema erschwert, und da andererseits die Quantität nichts über die Qualität der Literatur aussagt (Bänsch 1999: 35).

Wenn man einen Einfluss auf das Thema hat, sollte man diesen auch nutzen und dabei seine eigenen Interessen und Fähigkeiten berücksichtigen und sich u.a. fragen:

  1. Was kann ich besonders gut?
  2. Habe ich eher praktische oder theoretische Interessen?
  3. Will ich in der Wissenschaft bleiben oder nicht?
  4. Welches Berufsfeld würde mich interessieren?
  5. Brauche ich umfangreiche Betreuung oder bin ich lieber auf mich allein gestellt?

In einer Masterarbeit müssen nicht völlig neue intellektuelle Sphären erkundet werden. Man sollte ein Thema wählen, das man aus Vorlesungen, Seminaren oder dem Alltagsleben kennt und in der vorgegebenen Zeitspanne bearbeiten kann (Krämer 1999: 16–17).

Aufgabe zur Entwicklung einer Fragestellung
Lesen Sie das Abstract des Artikels ‹Introduction: Rushing for Land: Equitable and sustainable development in Africa, Asia and Latin America› von Zoomers (2011).

Entwickeln Sie daraus drei mögliche Fragestellungen, die sich aus dem Inhalt ableiten lassen.

Hier finden Sie Lösungsbeispiele

Wie beeinflussen Landakquisitionen für die ‹Biofuels-Produktion› die lokale Bevölkerung?

Wie beeinflusst der Tourismus in ‹exotischen› Ländern deren Lokalbevölkerung?

Warum führt der Erwerb von Land durch ausländische Investoren zu Problemen in der Bevölkerung? Welch Vorteile ergeben sich für den Geberstaat?

Warum ist der Erwerb von Land in einem Staat notwendig? Was sind die Gründe für ‹Land Grab›?

Sollten herkömmliche Kraftstoffe durch ‹Biofuels› ersetzt/ergänzt werden? Welche Vor- und Nachteile gibt es?

In welcher Beziehung stehen ‹Globalisierung› und ‹Land Grab›?

Problemstellung

In neuerer Zeit hat sich – neben den Sozialwissenschaften – v.a. die Geographie zu einer problemorientierten Fachrichtung entwickelt. Das heisst, es werden Probleme der Umweltverschmutzung, der Globalisierung, der statistischen Datenverarbeitung etc. aufgegriffen und auf wissenschaftlichem Weg Lösungen angestrebt. Auch das Thema einer Vorlesung oder eines Seminars kann als Problem, das es zu beschreiben, zu analysieren, zu diskutieren und zu lösen gilt, bezeichnet werden.

Neben der problemorientierten Forschung hat aber weiterhin die erkenntnisorientierte Forschung ihren Platz in der Geographie. Dabei wird weniger von einem konkreten Problem ausgegangen als vom Ziel, gewisse Erkenntnisse über einen bestimmten Sachverhalt oder z.B. eine Gesellschaft zu erhalten. Bei einer wissenschaftlichen Arbeit steckt die Problemstellung den übergeordneten Rahmen bzw. Themenbereich ab. Sie umreisst, worum es im Kern geht.

Beispiel: «Der Tourismus kann in sog. Entwicklungsländern soziale Veränderungen zur Folge haben.»

Fragestellung

Die Fragestellung (es können auch mehrere sein) bezeichnet den Teil des Problems, zu dem es «Wissen zu schaffen» gilt. Sie wird der Arbeit vorangestellt, ist von der Problemstellung abgeleitet und soll im Laufe der Arbeit soweit wie möglich beantwortet werden und einen (Teil-)Beitrag zur Lösung eines Problems bieten.

Im Zentrum einer wissenschaftlichen Arbeit steht die Fragestellung.

Das Herausarbeiten einer guten Fragestellung gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben einer wissenschaftlichen Arbeit. Ohne eine klar umschriebene Fragestellung besteht die Gefahr des Ausuferns. Es ist darum wichtig, sich genügend Zeit dafür zu nehmen und sich im Verlauf der Forschung immer wieder auf sie zu beziehen.

Beispiel: «Welche Auswirkungen hat der Tourismus auf den Schulbesuch von Kindern in einer durch Armut geprägten Region?»

Die Entwicklung der Fragestellung ist ein Prozess, der erst mit der Datenanalyse abgeschlossen wird. Gute Fragestellungen sind in der Regel nicht schon von Beginn an unumstösslich festgelegt, sondern kristallisieren sich oft erst nach längerer Einarbeitungszeit und häufigem Umformulieren heraus. Quellen für gute Fragestellungen können theoretische Werke, Modelle und Methoden sein, die auf neue Gebiete angewendet werden, oder wissenschaftliche Zeitschriften und Themen des öffentlichen Diskurses etc. (Bopp 2000: 57). Bei der Konkretisierung der Fragestellungen kann ein Austausch mit anderen Studierenden, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, fruchtbar sein. Dadurch können vorgefasste Meinungen und fixe Ideen hinterfragt und ein breiteres Spektrum von Fragen und Aspekten berücksichtigt werden.