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Zum Zweck wissenschaftlichen Arbeitens

Zum Zweck wissenschaftlichen Arbeitens

Formale Regeln: Basis wissenschaftlicher Kommunikation

Seminararbeiten, Vorträge, Kolloquien und Semesterarbeiten sind integraler Bestandteil eines Studiums. Die Bachelor- beziehungsweise Masterarbeit bildet neben den Prüfungen den Abschluss eines Studienganges. Der Unterschied zwischen einer «kleinen» Seminararbeit und einer Abschlussarbeit ist dabei geringer als man denkt. Man soll zeigen, dass man wissenschaftlich zu arbeiten vermag und die grundlegenden Regeln dafür sind immer die gleichen (Krämer 1999: 184):

  • Alles nachvollziehbar halten
  • Meinungen (eigene und andere) und Fakten nicht vermischen
  • Neue Erkenntnisse gewinnen wollen

Diese formalen Regeln sind Basis der Kommunikation und des Verstehens unter WissenschaftlerInnen. Einerseits engen uns diese Regeln zwar ein, anderseits geben sie uns den Rahmen wissenschaftlichen Arbeitens, der es uns erst ermöglicht, Werke anderer zu verstehen und zu beurteilen. Die Regeln sollen somit nicht als Schikane, als einengendes Korsett verstanden werden, sondern als Voraussetzung, um Arbeiten schreiben zu können, die dann von den Lesenden im Sinne der AutorInnen verstanden werden können.

Der Leitfaden soll als Werkzeugkiste dienen, helfen, Fehler zu vermeiden und Freude am wissenschaftlichen Arbeiten wecken. Hat man den Umgang mit den Werkzeugen einmal eingeübt, stellen diese keine Hindernisse mehr dar, vielmehr ermöglichen sie erst einen effizienten und in die Tiefe gehenden Umgang mit Wissenschaft.

Studieren

Studieren bedeutet, sich über mehrere Jahre gründlich auf eine selbst gewählte Sache einzulassen und dabei seine Persönlichkeit und sein Weltbild zu verändern (die Ausführungen in diesem Kapitel beruhen auf Reusser (1997). Studieren als Selbstbildung umfasst sowohl den langfristigen Aufbau eines zusammenhängenden und beweglichen Fachwissens als auch die Ausbildung von allgemeinen und disziplinären, individuellen und sozialen Lern- und Denkfertigkeiten.

Studieren heisst nicht nur, Inhalte zu erlernen und in Prüfungen wiederzugeben. Die Beschäftigung mit eigenen Lern- und Denkprozessen sollte ebenso Bestandteil des Studiums sein. Es ist deshalb sinnvoll, über Stärken, Schwächen und über die Art, wie Probleme angegangen und gelöst werden, nachzudenken und eventuellen Veränderungen offen gegenüber zu stehen. Neue Erfahrungen, Denk- und Vorgehensweisen sollten als zu prüfende Herausforderungen akzeptiert und eventuelle Umstrukturierungen im Selbstund Weltbild auch bejaht werden.

Das im Studium vermittelte Wissen sollte wenn möglich nicht vollständig vom eigenen Erfahrungs- und Berufswissen abgekoppelt werden. Besonders wichtig ist die Integration neu erworbenen Wissens in den Alltag. Es kann dadurch besser gefasst, in ein bestehendes Wissensgebäude integriert und einfacher memoriert werden.

Ebenso ist auf vollständige Lernprozesse zu achten. Es ist wenig sinnvoll, sich über längere Zeit passiv in möglichst viele Lehrveranstaltungen zu setzen und Texte zur späteren Verarbeitung zu sammeln. Auf den Wissensaufbau sollten immer Phasen der Konsolidierung, das heisst des Durcharbeitens und Festigens des Lernstoffes folgen. Nur gut verarbeitetes, strukturell transparent und beweglich gewordenes Wissen kann als Werkzeug für weiterführendes Lernen und Problemlösen verwendet werden.

Der Erarbeitung und Weiterentwicklung von persönlichen und wissenschaftsbezogenen Arbeitstechniken und Lernkompetenzen sollte während des ganzen Studiums eine wichtige Bedeutung zugemessen werden. Kerntätigkeiten sind dabei der Umgang mit wissenschaftlicher Fachliteratur und das Verfassen wissenschaftlicher Texte und Referate. Jede bewusst vollzogene Studiertätigkeit wie aktives Zuhören und Notizenmachen, die Verarbeitung von Texten und Daten, die Anfertigung von Referaten und schriftlichen Arbeiten trägt zur Kultivierung und Festigung dieser (nicht unbedingt fachbezogenen) Grundkompetenzen bei. Jede Gelegenheit sollte dazu verwendet werden, grundsätzliche Vorgänge und Strategien zu überdenken und gegebenenfalls zu verändern.

Studieren beschränkt sich nicht auf den Besuch vorgegebener Lehrveranstaltungen. Gelegenheiten zur aktiven Mitarbeit an Forschungsprojekten, Praktika oder Tutoraten sollten genutzt werden. Dadurch werden Lerninhalte besser gefestigt und von einem anderen Blickwinkel heraus beleuchtet. Zudem erfährt man dadurch, was die Wissenschaft zu leisten vermag und was nicht, bzw. wie sie in der sog. Praxis angewendet und umgesetzt wird.

Studieren ist keine ausschliesslich individuelle Tätigkeit. Die Verarbeitung des Lernstoffes mit LernpartnerInnen, der Austausch von Lernstrategien, Schwierigkeiten und Erfahrungen gehört ebenso zum Studium wie Einzelarbeiten und individuelle Lernprozesse. In Gruppenarbeiten und Diskussionsrunden trainiert man seine Sozialkompetenz und Fähigkeiten, andere Meinungen und Vorgehensweisen akzeptieren zu können. Diese Aspekte sind also nicht einfach Begleiterscheinungen des Studiums, sondern sollten bewusst gepflegt und gefördert werden.